Starke Laufradsätze

Beitrag von Kai-Michael Lilie

Ich habe so manche Träume auf dem Rad erleben können. So manche träume ich noch. Kai-Michael - Radfahrer & Blogger aus Leidenschaft.

19. Oktober 2020

Allgemeine Anmerkungen zu Laufrädern

Karbonrahmen

Die letzten ein, zwei Jahrzehnt haben in mehreren Bereichen des Rennradbaus Evolutionäres, ja Revolutionäres gesehen, so auch beim Laufrad.

Evolutionär war der Siegeszug des Karbons, das sich zunächst im Rahmenbau langsam, aber sicher, nach diversen Vorbehalten, durchsetzte. War die Verwendung des Karbons beim Rahmen selbst noch evolutionär, so veränderte dieses Material das Rahmendesign radikal.

Waren in der „guten alten“ Zeit die Rahmen aus filigranen Stahlohren zusammengefügt, so blieb das Prinzip auch beim Aluminium ähnlich, wenn auch weniger filigran. Auch die ersten Karbonrahmen folgten der alten Formensprache. Teilweise anfängliche revolutionäre Ansätze, die nun aufgrund des Materials möglich waren, wurden massiv durch die UCI eingebremst. So ist heute der Diamantrahmen nach wie vor das Maß der Dinge, aber die Formen!

Normale „Rohre“ findet man heutzutage beim Karbonrahmen in der Regel nicht mehr. Hier brach u.a. Cervelo radikal mit der alten Formensprache: Sattelrohre, die der Krümmung des Hinterrades folgten. Massivste Unterrohre, flächig, später oft mit Kammtail aerodynamisch geformt, treffen heute im Karbon Rennrad Bau auf filigranste Sitzstreben.

Ein Trend der zunächst im traditionsbewussten Peleton auf wenig Gegenliebe stieß, war die oben bereits kurz angerissene Aerodynamik. Was verwundert, bremst doch der Wind den Rennradfahrer am meisten. Spätestens jedoch der Gewinn der Tour de France 1989 durch Greg Lemond gegen Laurent Fignon mit Hilfe eines – damals regelwidrigen (aber es hat sich ja keiner beschwert) – Triathlonlenkers zeigte nunmehr jedem Profi das Potential aerodynamisch angepassten Designs auf.


Laufräder

Und nun – endlich – zum Thema, den Laufrädern. Auch hier blieb lange alles beim Alten, bis spätestens zu dem Zeitpunkt als Jan Ullrich 1997 u.a. mit Hilfe der deutschen, sorry bairischen, Lightweight Vollkarbon Systemlaufrädern die Tour de France gewinnt (wie bereits im Vorjahr Bjarne Riis, ebenfalls auf Lightweight) und in Deutschland alle durchdrehten.

Nun wollte jeder diese markanten, performanten, leichten, aerodynamischen und ziemlich sehr teuren Laufräder haben. Die Handfertigung von Lightweight konnte jedoch dem Bedarf nur sehr begrenzt folgen. Selbst Lance Armstrong bekam nicht mal eben so seinen Satz und musste sich eine Zeitlang gedulden (aber er hatte ja noch andere Mittel in petto).

Anfangs war die Konkurrenz von Lightweight nicht einmal ansatzweise in der Lage deren technologischen Vorsprung zu folgen. Aber wiederum war ein Trend gesetzt: Markante Laufräder sollten her, und der Markt lieferte und liefert. Heute gibt es eine unzählige Anzahl von Herstellern, die tolle Systemlaufräder produzieren, und damit den Look eines Rennrades ganz endscheidend mit beeinflussen. Wohl keine andere Komponente ändert das Aussehen eines Rennrades so nachhaltig wie ein Laufradsatz.


Scheibenbremsen

Mit dem sich nicht mehr in Abrede zu stellenden Siegeszug der Scheibenbremse ändert sich nochmals das Setup der produzierten Systemlaufräder gravierend. Sorgte der Einsatz der Scheiben zunächst dazu, dass die Laufräder schwerer wurden, so beherrschen nun die Hersteller die Kunst des Scheibenlaufradbaus immer besser. Das Gewicht geht deutlich runter, und damit tritt auch ein Argument gegen die Scheibenbremse am Rennrad, das Gewicht nämlich, weiter in den Hintergrund. Auch werden die Räder spritziger, da die Laufflächen nicht mehr als Bremsfläche genutzt werden müssen, und somit der Materialeinsatz hier reduziert werden kann. Folglich nehmen die rotierenden Massen ab. Und, und, und. Ich könnte stundenlang schreiben, irgendwann würde es langweilig.


Felgenbremsen

Und noch eine Anmerkung, obwohl es immer mehr Scheibenbremsen am Rennrad gibt: Die Felgenbremse ist nicht tot! Es gibt zwar – leider – immer weniger neue Räder, die diese Möglichkeit anbieten, aber es gibt sie (noch). Zudem gibt es viele tolle, „alte“ Rahmen mit Felgenbremsen, die darauf warten, mit einem neuen Laufradsatz aufgehübscht zu werden.

Fast so sicher, wie der Weihnachtsmann kommt, kommen jedes Jahr in den Rennradfachzeitschriften aktuelle Laufradteste. Das hat den Vorteile, dass der geneigte Leser für seine Verhältnisse schnell „seinen“ Laufradsatz findet. Aus diesen Fachpublikationen aus verschiedenen Jahren habe ich auch die folgenden Testsieger Laufradsätze. Viel Spaß beim Stöbern!


Disclaimer

An dieser Stelle noch ein klares Statement: ich bekomme kein Geld für die vorgestellten Produkte, und habe auch keine anderen materiellen Vorteile.


Alu Laufradsätze für Felgenbremse

Auch wenn die Top Laufsatzsätze heutzutage oft aus Karbon sind und oft für Scheibenbremsen, so gibt es eine ganze Reihe hervorragender Produkte mit einem tollen Preis / Leistungsverhältnis, die auf Aluminium basieren und sich nach wie vor toll an Rennrädern mit Felgenbremse machen. Preislich liegen Welten zwischen den Räder aus den beiden Werkstoffen. Viele Testsieger aus Aluminium kosten teilweise ca. nur ein Viertel von vergleichbaren aus Karbon.


DT Swiss PR 1400 Dicut Oxic 21

Der DT Swiss PR 1400 Dicut Oxic 21: Was für ein Name! Und was für ein Laufradsatz! Der weltgrößte Hersteller von Systemlaufräder punktet nicht nur mit Quantität, sondern auch mit Qualität. Regelmäßig zählen die Produkte von DT Swiss zu den Top Produkten in den jeweiligen Kategorien.

So auch dieser LRS. 120 Kilogramm Systemgewicht sollten nahezu jedem Rennradfahrer genug Gewichtsreserven ermöglichen. Der Satz wiegt unter 1.450 kg, entsprechend flott lässt er sich beschleunigen. Richtig gut gefällt mir die Keramikbeschichtung der Bremsflanken. Durch ein elektro-chemisches Verfahren bleiben diese dauerhaft schwarz, sodass optisch Reifen und Felge eine schöne Einheit bilden, die man so nirgends auf Dauer bei einem Laufradsatz für Felgenbremsen findet.

Das Ganze lässt sich DT gut bezahlen, dafür gibt es ein jedoch technisches und optisches Top Produkt. Einziger Nachteil dieser Beschichtung ist wohl ein leichtverzögertes Ansprechverhalten beim Bremsen bei Nässe.

Laufradsätze, hier DT Swiss PR 1400 Dicut Oxic 21
DT Swiss PR 1400 Dicut Oxic 21

https://www.dtswiss.com/de/laufraeder/laufraeder-strasse/performance/pr-1400-dicut-oxic


Easton EA 90 SL

Die Fertigung dieses Laufsatzes läuft 2021 aus. Dieser Laufsatz überzeugt die Tester u.a. mit seinem Gewicht, seiner Spritzigkeit und seiner Steifigkeit. Dabei ist er nicht einer der Günstigsten.

Laufradsätze, hier Easton EA 90 SL
Easton EA 90 SL

https://eastoncycling.com/


Richtey WCS Zeta

Tom Ritchey weiß seit Jahrzehnten, wie man Fahrräder besser macht. Seien sie es selbst, oder die Komponenten, die an ihnen verbaut werden.

Dieser Laufradsatz hat die Tester überzeugt. Für Anhänger der Felgenbremse hat Ritchey mit diesem Laufradsatz ein überzeugendes Produkt am Start.

Laufradsätze, hier Richtey WCS Zeta

Ritchey WCS Zeta

https://eu.ritcheylogic.com/eu_en/wcs-zeta-wheels


tune TSR22

Müsste ich mir einen Laufradsatz für ein Rennrad mit Felgenbremse aussuchen, so würde ich, müsste ich auf den Preis achten, mir wahrscheinlich den TSR22 von tune wählen.

Der Laufradsatz hält von seinen Qualitäten her auch mit den Besten vom Fach mit, und das bei einem deutlich geringerem Preis. Er performt durchweg über die verschiedensten Kategorien hinweg sehr gut: Das Gewichtslimit liegt bei 110kg Systemgewicht, der Satz ist super aufgebaut, er wiegt unter 1.450 Gramm und wirkt dadurch sehr spritzig. Durch das breite Felgenbett (19 mm) bauen die Reifen breit, was dem Komfort eines Renners zugute kommt. Dazu ist er tubeless ready. Und das Beste: Ich kann unter acht Eloxalfarben wählen, sodass ich hier nochmals mein Rad zusätzlich individualisieren kann.

Laufradsätze, hier tune TSR22
tune TSR22

https://tune.de/135/tsr22-vorderrad


Alu Laufradsätze für Discs

Auch bei den Laufradsätzen aus Aluminium gibt es immer mehr LRS für Scheibenbremsen. Aluminium hält bei dem Gewicht nicht unbedingt mit den Karbonlaufrädern mit, aber dafür mehr als deutlich beim Preis. Wer auf den Euro gut aufpassen möchte, und nicht 2.000 € und oftmals deutlich mehr für ein Laufrad Pärchen ausgeben möchte, wählt unter den tollen Produkten, die auf Alu basieren aus.


DT Swiss ER 1600 Spline db 23

DT Swiss produziert weltweit die meisten Laufradsätze. Und das ist so, weil hier über einen langen Zeitraum immer wieder Qualität abgeliefert wurde und wird. So auch mit diesem getesteten Alu Laufradsatz für Discs. Testsieger bei einer unser geschätzten Fachpublikationen!

Laufradsätze, hier DT Swiss ER 1600 Spline db 23
DT Swiss ER 1600 Spline db 23

DT SWISS ER 1600 Spline db 23

https://www.dtswiss.com/de/produkte/laufraeder-strasse/endurance/er-1600-spline/er-1600-spline-23/


Karbon Laufsätze für Felgenbremse

Die ersten Karbon LRS kämpften mit Delaminierung (d.h. das Harz löste sich durch die entstehende Bremswärme von den Karbonlaser, und damit verformten sich die Flanken der Laufräder) und schwacher Bremsperformance. Das Bremsverhalten bei Nässe war oft eine einzige Katastrophe und ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko. Die Dinger waren zwar richtig leicht und sahen geil aus, aber das Preis-/Leistungsverhältnis war aus meiner Sicht eine einzige Katastrophe. Einige Hersteller zogen Alubremsflanken ein, ein deutscher Hersteller verbaute Plättchen in den Flanken (die Dinger sahen aus wie genagelt). Einige faketen Karbon Laufräder, indem sie den Alukorpus mit Karbon beklebten – peinlich.

Aber, aller Anfang ist schwer. Aber auch: Luxus (teurer Preis) treibt Innovation. Heute ist festzustellen, dass Karbonlaufräder immer noch teuer sind, aber kein Sicherheitsrisiko mehr darstellen. Die Hersteller schaffen es immer wieder, die Grenzen des technisch Möglichen stetig weiter zu verschieben. Ein Innovationstreiber ist in diesem Zusammenhang ganz klar die Scheibenbremse. Sie sorgt u.a. dafür, dass die Bremsflanken sich nicht mehr mit der Reibungshitze plagen müssen. Dort kann folglich weniger Material verbaut werden, die Räder werden dadurch leichter, und damit wiederum agiler.

Doch! Moment! Hier geht es doch um Karbon Laufradsätze für Felgenbremsen!? Richtig! Die gibt es auch noch. Und, ja, Bremsen ist 2020 bei dieser Gattung ebenfalls kein Thema mehr. Gute Nachricht. Mehr im Folgenden.


Cadex 42 Tubeless

Giants Tochterfirma Cadex begeistert mit seinem Laufradsatz 42 Tubeless. Er ist mit knappen 1.275 Gramm richtig leicht, und reagiert entsprechend agil auf Pedal Power.

Das niedrige Gewicht wird unter anderem durch den Aufbau der Reifenflanke erreicht, die keinerlei „Haken“ aufweist, in die der Reifen verbaut. Dies spart Gewicht; dafür verlangt Cadex, dass der Besitzer zukünftig auch mit Cadex Reifen fährt.

Technischer Leckerbissen sind auch die verbauten Karbonmesserspeichen, die damit ihren Teil zum niedrigen Gesamtgewicht beitragen. Die Bremseigenschaften sind Top.

Für den aufgerufenen Preis kaufen andere sich ein solides Rennrad.

Laufradsätze, hier Cadex 42 tubeless
Cadex 42 tubeless

https://www.cadex-cycling.com/de/cadex-42-tubeless


Rose RC Fifty Carbon

Roses RC Fifty Carbon ist der einzige Karbonlaufradsatz für Felgenbremse beim Bochholter Radsportunternehmen.

Hatten die Karbonfelgen früher generell Probleme beim Nassbremsverhalten, so scheint Rose dies bei ihrem Modell sehr gut im Griff zu haben.

Von den Messparameter vergleichbar mit dem tune TSR22, ist dieser Satz aber nochmals deutlich leichter, nämlich um ca. 75 Gramm. Ein Rennrad mit diesem Satz sollte in der Beschleunigung abgehen wie Schmidts Katze.

Durch die höheren Felgen sollte es auch deutlich aerodynamischer unterwegs sein, als z.B. der TSR22.

Alles hat seinen Preis, so auch hier. Bei einem kann man sich bei Rose jedoch in der Regel verlassen: Dass Preis und Qualität in einem günstigen Verhältnis zueinander stehen.

Laufradsätze, hier Roses RC Fifty Carbon
Roses RC Fifty Carbon

https://www.rosebikes.de/rose-rc-fifty-carbon-rennrad-laufradsatz-shimano-2677928


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